Sie lesen die Ausgabe: Bernecker-Daily vom 27.06.2024

Nr. 179/24 Bernecker-Daily

Bernecker Briefkopf
Actienboerse Briefkopf

Richtungslos

Guten Morgen, meine Damen und Herren,

Der DAX eröffnete gestern freundlich, rutschte dann immer mehr ins Minus, um dann aber lediglich mit einem Verlust von 0,1 % aus dem Handel zu gehen. Darin spiegelt sich die aktuelle Unentschlossenheit der Marktteilnehmer wider. Vieles hängt auch an den US-Hightechs, deren Flaggschiff NVIDIA gestern nach den vorangegangenen drei schwachen Tagen bereits den zweiten Tag wieder mit einem Kursgewinn abschließen konnte. War es das bereits mit der Korrektur? Von den Unternehmen:


RIVIAN

RIVIAN legte gestern an der Nasdaq rund 30 % zu. Bei dem US-Elektroauto-Newcomer gab es gute Nachrichten: VW will in den kommenden Jahren bis zu 5 Mrd. $ bei RIVIAN investieren, um gemeinsam Technik für zukünftige Fahrzeuge zu entwickeln. Damit will VW seiner hinkenden E-Auto-Strategie auf die Sprünge helfen. Insbesondere bei der Software für E-Autos haben die Wolfsburger hartnäckige Probleme. Wichtigster Vorteil: RIVIANs Kompetenz in der sogenannten Zonen-Architektur. Dahinter verbirgt sich eine Architektur, bei der Steuereinheiten Funktionen über mehrere Bereiche hinweg wahrnehmen. RIVIAN verteilt diese Steuergeräte an verschiedenen Stellen im Fahrzeug, um den Weg für die Datenübermittlung zu verkürzen. Zudem setzt RIVIAN die Zonen-Architektur bereits in der Serienproduktion ein. VW hatte bereits hohe Summen in die Entwicklung einer eigenen Architektur investiert, war damit aber nicht so recht erfolgreich. Insofern sind die 5 Mrd. $ nun für VW ein echtes Schnäppchen. Und für RIVIAN ist die Partnerschaft mit VW zunächst eine Überlebensgarantie, wenn auch nur auf Zeit, hatte man doch bisher hartnäckig rote Zahlen geschrieben. Die Aktie bleibt weiterhin spekulativ, aber nun mit einem deutlich verbesserten Chance-/Risiko-Verhältnis.


DOUGLAS

Der Abwärtstrend bei DOUGLAS will offenbar kein Ende nehmen. Erst seit März dieses Jahres ist die Parfümeriekette wieder börsennotiert. Allerdings hatte der Emissionspreis wegen schwieriger Marktbedingungen am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne von 26 bis 30 € gelegen. Aber vom ersten Handelstag an war es deutlich abwärts gegangen. Gestern markierte die Aktie mit 17,19 € ein weiteres Mal ein neues Allzeittief ihres noch jungen Börsendaseins. Der unerwartet schwache GfK-Konsumklimaindex dürfte sich nicht gerade stimmungsfördernd ausgewirkt haben, im Gegenteil. Das Stimmungsbarometer der deutschen Konsumlandschaft ist von -21,0 Punkten im Vormonat auf -21,8 Punkte gesunken. Erst in BD-Ausgabe 157/24 vom 5. Juni hatten wir geschrieben: „Deshalb gilt auch weiterhin: Kaufbasis erst im Bereich 17/18 €.“ Dort sind wir mittlerweile angelangt. Mutige Anleger können sich jetzt also mit ersten kleineren Käufen langsam vortasten.

ALZCHEM

ALZCHEM ist einer der Top-Momentum-Player im Nebenwertebereich. Die Aktie des Chemiespezialisten stemmt sich gegen den schwachen Markt und bricht auf ein neues Hoch aus. Die Kursfantasie speist sich aus den zusätzlichen Möglichkeiten im Bereich Rüstung. Im März erhielt man bereits eine EU-Förderung über gut 34 Mio. € für den Ausbau der Nitroguanidin-Kapazitäten sowie dem Vorprodukt Guanidinnitrat. Einsatzbereich ist unter anderem als Treibladung für Munition. Am kürzlich geschlossenen Rahmenvertrag für 8,4 Mrd. für neue Munition zwischen dem Bund und RHEINMETALL wird man folglich über höheren Bedarf an Treibladung partizipieren. Die neuen Fertigungskapazitäten werden ab 2026 einen nennenswerten Umsatzbeitrag liefern. Bei einem 2025er-KGV25 von 11 hat die Momentum-Aktie trotz 88 % Kursgewinn im laufenden Jahr noch Spielraum nach oben.


FEDEX

FEDEX: Gut performt im schwierigen Umfeld. Wenn die Geschäfte weiterhin gut laufen, wird der US-amerikanische Logistikkonzern im aktuellen Fiskaljahr bereinigt zwischen 20 und 22 $ Gewinn je Aktie einstreichen (Konsens: 20,85 $). Zugleich wird der Umsatz prozentual mittel-einstellig ausgebaut. Mit diesen beiden Hauptzielen, gültig für den Zeitraum bis Ende Mai 2025, hat das Management die Anleger gestern überzeugt, die FEDEX-Aktie legte 15,5 % zu. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld, mit schleppender Nachfrage nach Logistikleistungen, sind auch die nächsten Etappenziele keine Selbstläufer. Sondern nur möglich mit weiterer Senkung von Kosten (Maßstab: 2,2 Mrd. $) inklusive Stellenabbau. CEO Raj Subramaniam stellte eine Abspaltung des Frachtgeschäfts in den Raum, ohne weitere Details zu nennen. Analysten, etwa von BARCLAYS, waren von den dieser Möglichkeit begeistert und haben das jüngste Quartal mit 22,1 Mrd. $ Umsatz (+ 0,8 %) und 1,47 Mrd. $ Gewinn (- 4,2 %) akzeptiert. Dazu gehören auch geplante Aktienrückkäufe von 2,5 Mrd. $ und die vorgesehene Erhöhung der Dividende um 0,48 auf 5,52 $ je Aktie. JPMORGAN begrüßte die mögliche Abtrennung der Frachtsparte, die bisher unter Wert in die Marktkapitalisierung eingehe. Ähnlich sahen es mit erhöhten Kurszielen GOLDMAN SACHS (333 $) und UBS (390 $). Die Position der Actien-Börse behalten wir komplett bei.


ELI LILLY

ELI LILLY: Neue Indikation für Zepbound? Der US-Pharmakonzern prüft derzeit neue Indikationen für sein Abnehm-Medikament Zepbound (Wirkstoff Tirzepatid). Übergewichtige leiden oft an sogenannter Schlafapnoe, bei der im Schlaf zeitweise die Atmung aussetzt. Die Schlafapnoe kann zu schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. In zwei Studien hat der US-Pharmakonzern jüngst nachgewiesen, dass Zepbound bei 52 % Probanden zu einer Besserung führte. Bei der US-Arzneimittelbehörde FDA hat ELI LILLY einen Zulassungsantrag für eine Indikationserweiterung gestellt. Falls die FDA ihre Zustimmung erteilt, könnte ELI LILLY dann schon zu Beginn von 2025 ein entsprechendes Medikament auf Basis von Tirzepatid zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe auf den Markt bringen. Angesichts dieser Perspektive hat der US-Broker Truist Securities das Kursziel für ELI LILLY jetzt von 899 $ auf 1.000 $ angehoben. Der Bernecker Börsenkompass bleibt bei seiner laufenden Empfehlung ELI LILLY (Einstandskurs 415,03 $; Einstufung „Halten“) weiter engagiert.


NOVO NORDISK

Erfolg für NOVO NORDISK. Der dänische Pharmakonzern hat in China die Zulassung für sein Abnehm-Medikament Wegovy erhalten. Das Medikament wird laut NOVO NORDISK zunächst für Patienten zur Verfügung stehen, deren Body-Mass-Index unter die Kategorie fettleibig fällt und die mindestens eine gewichtsbezogene Komorbidität aufweisen. Die Dänen machten noch keine Angaben, wie sie die zu erwartende Nachfrage in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt abdecken wollen. In dieser Woche kündigt der Konzern aber den Bau einer Wegovy-Fabrik in den USA (Investitionsvolumen von 4,1 Mrd. $) an. Weltweit übersteigt die Nachfrage nach Wegovy das Angebot deutlich. Auch in China ist der potenzielle Bedarf hoch: Nach Angaben einer aktuellen chinesischen Gesundheitsstudie dürfte die Zahl der übergewichtigen Erwachsenen bis 2030 auf 580 Mio. ansteigen – gegenüber 2000 ein Zuwachs um den Faktor 2,8. Der langfristige Aufwärtstrend bei der NOVO-NORDISK-Aktie (2024er-KGV von 41,8) ist weiter intakt. Wer bei der Pharmaaktie investiert ist, sollte seine Zwischengewinne per Stop-Loss absichern.

Speicherchiphersteller

Speicherchiphersteller verdienen bald deutlich mehr. SAMSUNG wird laut Branchenquellen seine DRAM- und NAND-Speicherpreise im dritten Quartal um 15 % bis 20 % erhöhen. Das spiegelt den Wettbewerb und das knappe Angebot bei Speichern unter anderem aufgrund speicherintensiver KI-Anwendungen wider. Bereits im zweiten Quartal sind die Preise um über 20 % angezogen. Wettbewerber und Platzhirsch MICRON TECHNOLOGY will für seine DRAM- und SSD-Produkte 25 % mehr verlangen. WESTERN DIGITAL stößt ins selbe Horn. MICRON bestätigte gestern den Wachstumstrend mit starken Q3-Daten, beim Ausblick hat man allerdings die hohen Erwartungen nicht getroffen, was die Aktie 8 % in der Nachbörse kostet. Das wird nicht der letzte Fall sein, bei dem die KI-Erwartungen kurzfristig zu hoch greifen. Bei KGV 16 per 2025 und Gewinnwachstumsraten von 20 - 30 % ist die Bewertung von MICRON noch nicht ausgereizt. Der Rücksetzer ist eher eine neue Kaufchance als Grund zur Sorge.

Mit freundlichen Grüßen

IMPRESSUM

Hans A. Bernecker; Volker Schulz

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