Sie lesen die Ausgabe: Die Actien-Börse vom 07.11.2024

Nr. 45/24 Die Actien-Börse

Bernecker Briefkopf
Actienboerse Briefkopf

Sehr geehrte Damen und Herren,


der stürmische Börsenherbst hat die letzte Woche absolviert.

Ab jetzt wird mehr kalkuliert als diskutiert und die geopolitischen Kräfteverhältnisse werden neu sortiert. Im Mittelpunkt steht die Politik der Amerikaner. Die Akzente für Asien setzen Tokio und die drei China-Börsen und für Europa gibt es keine Leitbörse, aber unterschiedliche Varianten. Wir schreiben unsere letzten Eindrücke fort:


Die gebräuchlichen Denkmuster im Wahlkampf der Amerikaner erledigen sich von selbst.

Trump steht nicht für Diktatur und Harris steht nicht für Sozialismus und die Amerikaner tun das, was sie seit Kennedy immer taten: Business as usual. Wie die neuen Ziele in Washington artikuliert werden, wird sich erst in den kommenden drei bis vier Monaten erkennen lassen. Die geopolitische Kontroverse sowohl im Fernen wie im Nahen Osten und schließlich in Osteuropa führt zu neuen Erkenntnissen. 

Die Ukrainekrise ist faktisch entschieden. Ein Waffenstillstand wird vom Militär vereinbart, dem die Verhandlungen auf diplomatischer Ebene folgen. Einen militärischen Sieger gibt es nicht, wie frühzeitig erkennbar war. Wer der politische Verlierer sein wird, ergibt sich aus der Sicht der Beteiligten unterschiedlich. Die deutsche Politik in dieser Frage steht vor einer gründlichen Korrektur. Zum einen in der Denkweise und zum anderen in den tatsächlichen Möglichkeiten aus ökonomischer und politischer Sicht. Die Amerikaner sind ähnliche Verlierer wie in den Konflikten mit dem Iran, Irak und Afghanistan und nun auch in der Ukraine. Demnächst in Taiwan? Erkennbar ist und das ist die Überraschung: 

Deutschland hat die Chance, der größte Gewinner zu werden. Es beginnt mit der Waffenruhe. Zu den Bedingungen jedes Friedens  rund um die Ukraine gehören sofortige Freigaben im Warenverkehr und für Deutschland die Freigabe der Gaslieferungen der Russen via Nord Stream 1 und 2. Die geschätzten Volumina liegen zwischen 25 bis 30 Mrd. € p. a. als Summe für Ex- und Importe in der alten Hochrechnung von 2021 mit Größenordnungen bis 40 Mrd. €. Jeweils zweiseitig. Das entspräche der runden Hälfte des aktuellen China-Verkehrs. Die Veränderung der Energiepreise, sowohl für Gas wie für Strom, wird damit das wichtigste Kriterium für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und der Diskussion um Standorte. 

Deutschland selbst steht vor der Entscheidung: Das soeben vorgelegte Lindner-Papier entspricht teilweise im Wortlaut dem bekannten Lambsdorff-Papier von 1982, das zum Scheidebrief wurde. Die zwei Denkrichtungen sind ebenso klar formuliert und damit entscheidungsreif. Ob dies zum Ende der Ampel führt, dürfte in den nächsten ein, zwei Wochen entschieden werden. Den Zeitplan dafür hatten wir frühzeitig formuliert. Im Rahmen der neuen Parteienlandschaft ergäben sich zweifellos unterschiedliche und neue Ansätze, die die wesentliche Grundlage für eine neue Wirtschaftspolitik sein werden. Dieser Rahmen ist noch völlig offen. 

Resümee: Aus der Meinungshektik der letzten Wochen mit unterschiedlichen Ansichten der jeweiligen Parteien und Interessen von Industrie, Politik und Verbrauchern entsteht unter den neuen Bedingungen eine neue Sicht, die teilweise von erheblichen Überraschungen begleitet sein wird.

LEITLINIE:


Die schwerste Belastung für alle Deutschen sind seit Jahren die hohen Energiepreise.

Insbesondere für die Industrie und damit die Rentabilität der Produktion und somit auch für den Standort der Industrie selbst. 

Der unmittelbare Anstoß kommt aus Washington. Ein Ende des Ukrainekonflikts führt zu sofortiger Entlastung im Schnellschritt, wie auf Seite 1 beschrieben. Daran knüpfen sich umfangreiche Entlastungen für die Stromerzeugung als Energieträger oder für Erdgas als Rohstoff der Industrie (Chemie). Die Kettenreaktionen daraus entstehen wie an einer Perlenkette, verbunden in der sicheren Erwartung einer deutlichen Reduzierung der Energiekosten insgesamt. Mit dem Anspruch, mit einem Anteil von 1,3 % am CO2-Ausstoß der Welt die Bedingungen für die Energiewende durchzusetzen, wie es die Ampel wünscht, erledigt sich das Thema von allein. Gemäß den bekannten Studien und Schätzungen ist eine Reduzierung der Energiekosten um 10 bis 15 % eine sichere Annahme und eine Reduzierung bis knapp 20 % eine brauchbare Schätzung. Der Anteil der erneuerbaren Energie am deutschen Strommarkt wird mit 65 bis knapp 70 % kalkuliert. Die drei abgeschalteten AKWs stehen vor einer Reaktivierung, was ca. 1,8 Mrd. € kostet und für etwa 4 bis 6 % Atomstrom steht. 

In diesen Energiekosten steckt der sichere Ansatz für eine Konjunkturwende nach dem gleichen Muster wie alle früheren kleinen und größeren Konjunkturwenden in Deutschland seit 1966, insbesondere 1982 und teilweise ab 2005 bzw. ab der Finanzkrise 2008/2009. 


Die sicherste Leitlinie dafür ist die Entwicklung der Geldmenge und die Kreditnachfrage der Wirtschaft.

Den aktuellen Stand entnehmen Sie der Grafik.

Geldmenge und Kreditvergabe können von der EZB nur indirekt gesteuert und nicht beliebig an- und abgeschaltet werden. Beide Größen sind ein Spiegelbild der Geldbedürfnisse der Wirtschaft im Zuge der Investitionen oder des Umfanges der Umsätze. Darin sind sowohl die Inlands- als auch Auslandsgeschäfte enthalten. Erkennbar ist: 

Der Trend ist klar, aber das Tempo bleibt bescheiden. Auch weitere Zinsreduzierungen ändern daran wenig. Entscheidend ist die Beseitigung der Hemmnisse des Ukrainekonflikts inkl. Sanktionen zum einen oder Subventionen zum anderen. In den bekannten Umfragewerten von ifo und ZEW sind die gleichen Ansätze schon erkennbar und kommentiert worden.


Refinitiv wagt eine erste Hochrechnung der Gewinne im DAX und MDAX als Zwischenbilanz der laufenden Berichtssaison bis 2026.

Das ist mutig, aber aufschlussreich.

Der DAX-Gewinn je Aktie erreicht per 2026, also in gerundet 18 Monaten, einen neuen Rekord und das KGV sinkt unter 11. Gleiches gilt für den MDAX. Damit erreichen beide Indizes den alten Ausgangswert vor etwa 12 Monaten, also Oktober/November 2023. Dafür galt ein DAX von 12.000 als Ausgangspunkt und 14.300 vor einem Jahr als Zwischenstation. 

Den größten Gewinn erreichen die Autos, gefolgt von der Chemie, Software und Technologie. 

Die DAX-Technik ist klar: Gelingt ein Sprung über 20.000, ergibt sich eine Jahresendrally. Wenn nicht, gibt es eine Zwischenkorrektur um 5 %. 

SCHWERPUNKTE: DAX


Wer sind die Träger für den DAX, wenn er im Ergebnis der US-Wahl und den amerikanischen Indizes folgend die bisherige Traummarke von 20.000 überwindet und damit Raum bis 21.000 und sogar knapp 22.000 hat? 

Die Rangliste der bisherigen DAX-Gewinner hatten wir am 05.10. an dieser Stelle schon beschrieben. Die Zusammensetzung des DAX sieht etwas anders aus. Die absolute Sonderstellung von SAP zeigt, was moderne Technologie auch im DAX bewegen kann. Dem steht gegenüber, was solide Unternehmen erreichen, was aber vom Markt kaum wahrgenommen wird.     

In der aktuellen Zusammensetzung des DAX baut sich eine historische Besonderheit auf, die es zuletzt vor 50 Jahren in ähnlicher Form gab: Rd. 200 % Kursgewinn in etwa 2 1/2 Jahren. Dem stehen die Titel gegenüber, die den DAX stabil halten, aber in der Performance bescheiden bleiben. Höchste Qualität der Produkte, der Margen und auch der Dividenden sind vorerst keine Zugnummer.

SCHWERPUNKTE: VW


Wie vor 50 Jahren schon einmal:

Laut "Spiegel" war VW damals pleite. Die gleiche Headline könnte der Spiegel heute wiederholen. Die tollsten Kombinationen in den Medien sorgen für Nervosität, aber sie belegen Sachverstand. Konkret: 

Ab 1972/73 verdiente VW mit dem Käfer nur noch rd. 2 DM pro Auto, praktisch null. Aber das Werk Wolfsburg musste erhalten bleiben, weil davon ganz Wolfsburg abhing und mithin eine Sanierung schwierig wurde. Aber: VW arbeitet mit einem rechtlichen Sonderstatus, einem eigenen Tarifvertrag und klarer Kontrolle von Regierung (Niedersachsen), IG Metall und dem Betriebsrat. In allen Gremien (Vorstand wie AR) hat die soziale Seite immer eine Stimme Mehrheit. Erst signifikante Meinungsäußerungen in der Politik (Hannover) bewirkten eindeutige Änderungen in den Betriebsabläufen inklusive vielfältiger Arbeitserleichterungen. Und erst die Änderung des Produkts brachte die Wende: Vom Käfer zum Golf. Die Marktlage:

VW und die anderen zwei deutschen Marken verlieren in den wichtigsten Automärkten erkennbar. Aber auch TOYOTA und HYUNDAI treten auf der Stelle und nur BYD gewinnt deutlich. Alles zusammen in rd. 5 Jahren. VW wollte seine Marktposition in China dadurch erhalten, dass es die E-Mobilität deutlich ausbaut. Das gelingt nicht, weil alle China-Konkurrenten ungleich effizienter billige Produkte als Massenware in den Markt drücken. VW verliert damit in Prozenten der Marktanteile, aber nicht zwingend in den Stückzahlen. Auf die Neuverteilung der Kosten kommt es deshalb an, um die Gesamtrentabilität des Konzerns zu sichern. Es geht unverändert um 30.000 Jobs. 

VW verdient im Moment 0,3 bis 0,5 % netto an jedem Pkw. Die zurzeit herumgereichten Margen sind rechnerische Größen ohne Nachhaltigkeit. Sie stammen aus der Quer-Subventionierung im Konzern. Dem steht die Börse gegenüber: 1973 notierte die Aktie bei 52 DM für 50 DM nominal (Stücknotiz). Der rechnerische Buchwert erreichte damals 110 bis 120 DM (AK plus Rücklagen). Der aktuelle Buchwert nach neuer Rechnung erreicht zurzeit 366 € je Aktie bei einem Börsenkurs von rd. 90 €. In beiden Fällen ergab sich ein KUV-Verhältnis von rd. 0,2. Weniger geht nicht.

Was ist daraus zu machen? Es wird eine politische Wette erster Ordnung, wie in einem Industrieland mit logischen Konsequenzen im Denken und faktischen Ergebnissen in der Technik das Comeback gelingt. Wenig bekannt: Der entscheidende Politiker in Hannover war damals Ernst Albrecht. Er ist der Vater der aktuellen EU-Kommissarin Ursula von der Leyen, die es in der Hand hat, die entscheidende EU-Frage zu lösen: Verzicht auf das Verbrenner-Ende?

Wir wagen die VW-Wette, so wie ab 1973, mit dem genannten Erwartungspotenzial von mindestens 100 % in der ersten Stufe. 

Im FOKUS: PORSCHE


Das Verbrenner-Aus wird für die europäische Autokultur und Autokonjunktur der nächsten 10 Jah­re die entscheidende Größe.

Nach mehreren Umfragen ergibt sich zurzeit folgendes Bild:

Der Auftragsstau für Pkw errechnet sich für Deutschland auf knapp 1 Mio. Pkw. In der EU er­gibt sich eine Spanne zwischen 2,2 bis 2,5 Mio. Davon entfallen etwa 35 bis 40 % auf E-Mobile. Vom Bestand um rd. 15 Mio. Pkw in der EU plädieren rd. 60 % der Besitzer für eine Erneuerung mit Verbrennertech­nik. Die restliche Laufzeit des Bestands wird mit etwa 8 bis 9 Jahren angesetzt. Die Zölle für China­ Autos sind unerheblich. Ergebnis:

Wir halten an unserer Einschätzung für Investments in EU-Autos, gleich welcher Marke, fest. Die Basis­analyse dafür hatten wir am 28.09. präzisiert. Der Problemfall VW ist der Mittelpunkt. Wie ist die Situation für beide PORSCHE-Titel einzuordnen?

Die Sanierung von PORSCHE berührt beide PORSCHE-Titel unterschiedlich. Die Rolle der Familie als Aktionär in beiden Firmen wird politisch hinterfragt. Als wahrscheinlich gilt, dass die Familie ihre bisherigen Quoten reduzieren muss oder freiwillig dazu bereit ist. Die Wahrscheinlichkeit spricht für eine Beibehaltung der Beteiligung an DR. POR­SCHE in Stuttgart, was der Familientradition entspricht. Ein Rückzug aus der VW-Position (Mehrheit der Stämme) gehört zum Verhandlungsrahmen der VW-Sanierung. Eine Reduzierung auf 10 % steht im Raum. Dazu gehört auch eine Änderung des Namens. Ein Verkauf über den Markt gilt als nicht praktikabel, weil der Buchwert extrem höher liegt als der aktuelle Börsenkurs. Unabhängig von den noch laufenden Prozessen ist die Differenz zwischen 5,9 Mrd. € aktuell im Markt, aber 11 bis 12 Mrd. € echtem Wert. Der größte Hebel steckt in der VW-Position. Mithin:

Der gesamte VW-Komplex ist eine Dreierkombination aus VW und den beiden PORSCHE-Titeln. Wir plädieren für eine Dreiteilung dieser VW-Spekulation.

RENAULT und STELLANTIS gehören zum gleichen Umfeld.

Beide unter dem Gesichtspunkt der Position im Verbrennermarkt mit dem Schwergewicht dieser Technologie im Mittelmeerraum aus französischer und italienischer Sicht. Beide Regierungen stehen deshalb mit Nachdruck auf der Seite der Erhaltung der Verbrennertechnik.

Im FOKUS: K+S


K+S ist eine Russenwette.

Seit über 30 Jahren dominieren die 2 russischen Kali-Produzen­ten den Weltmarkt sowohl in der Menge wie in den Preisen. K+S war am Montag Gewinner im MDAX mit + 10 %.

Auslöser waren Berichte, wonach Belarus seine Kaliproduktion um 10 % reduzieren könnte. Eine solche Produktionskürzung würde das Angebot verknappen und die Preise für Kalidünger erhöhen, wovon K+S als Produzent profitieren würde. In fundamentaler Hinsicht ist K+S wieder auf dem richtigen Weg. Im zweiten Quartal 2024 betrug der Umsatz 874 Mio. € gegenüber 826 Mio. € im Vorjahr. Das EBITDA hat sich von 24 Mio. € auf 128 Mio. € verfünffacht. Für das Gesamtjahr 2024 erwartet K+S ein EBITDA zwischen 530 und 620 Mio. €, nach 712 Mio. € im Jahr 2023. Mit dem Break bei 12 € ist nun auch ein erstes positives Chartsignal gesetzt. Nun muss sich zeigen, ob auch die für den 14. November angekündigten Q3-Zahlen das positive Signal bestätigen.

Der amerikanische Konkurrent MOSAIC gewann 5 %. Offenbar sind die russischen Aktivitäten nicht nur ein Gerücht, sondern Realität.

NEBENWERTE: SALZGITTER, KLÖCKNER & CO

Wer ist der Nächste?

Der zweite Großaktionär von SALZGITTER, der Unternehmer Günter Papenburg, bietet für SALZGITTER mit begrenzter Quote nebst Bedingung. Die Substanzrechnung hatten wir schon im Frühjahr aufgemacht. Ein Marktwert um 1,3 bis 1,6 Mrd. € rechnen sich für einen Umsatz von 10,8 Mrd. € und einen Buchwert von 80 € je Aktie bei einem aktuellen Ausgangskurs von 12 € und inzwischen 18 €. Wie die Niedersachsen darauf reagieren, ist eine echte Politikwett

KLÖCKNER & CO. ist der Nächste:

473 Mio. € Börsenwert für knapp 7 Mrd. € Umsatz mit einem brauchbaren Gewinn von rd. 0,50 € je Aktie sowie einem Buchwert von 17,59 € enthalten ein Bewertungspotenzial um rd. 70 bis 80 %. 

NEBENWERTE: VOSSLOH


Die deutsche Nebenwerteszene bleibt ein Durcheinander.

Die Qualität der Ergebnisse einerseits und die Geschäftsmodelle andererseits sind kritisch zu hinterfragen. Vorgriffe auf die Zahlenwerke zum 3. Quartal sind deshalb grundsätzlich zu vermeiden. Abgestürzte Kurse sind nicht zwingend ein Kauf, werden aber dann interessant, wenn die Story passt. Der Zeithorizont bei Investments dieser Art ist auf 18 bis 24 Monate mindestens anzulegen, alles andere ist pure Spekulation.

Fall 1: VOSSLOH verlor in kurzer Zeit über 20 %. Dabei ist die Perspektive klar. Die Eisenbahninfrastruktur wird von Regierungen weltweit als zukunftsfähige Lösung gefördert, um Emissionen zu senken und den Verkehr zu entlasten. Es geht um Investitionen im mittleren dreistelligen Milliarden-Dollar-Bereich bis 2030. Nach neun Monaten schafft VOSSLOH damit auch einen neuen Rekord beim Auftragseingang, der erstmals knapp die Schwelle von 1 Mrd. € (+ 8,5 % zum Vorjahr) übertroffen hat. Typisch aber auch: Die Geschäfte von VOSSLOH haben starken projektbezogenen Charakter. Auch wenn die Nachfrage hoch ist, führt die zeitliche Verschiebung von Projekten oder ein langsamerer Fortschritt in bestimmten Regionen zu einem Umsatzrückgang, weil die Projekte noch nicht vollständig umgesetzt und abgerechnet werden konnten - so in Mexiko und China. Daraus resultiert nach 9 Monaten ein Umsatzminus von 7,2 %, was Fragezeichen hinter die Jahresplanung setzt, aber 2025 aufgeholt wird. Für das laufende Geschäftsjahr bekräftigt der Vorstand dennoch seine Prognose eines Umsatzes zwischen 1,16 und 1,26 Mrd. € und eines EBIT-Anstiegs auf 100 bis 115 Mio.€. Kurzum:

Sämtliche mittelfristigen Perspektiven sind intakt. KGV 11,8 für 2025 ist grundsätzlich ein Kauf, auch wenn die Markttechnik Kurse unter 40 € nicht ausschließt. (VS)

NEBENWERTE: JENOPTIK


Fall 2:

Bei JENOPTIK reichte allein der ASML-Schock für ein Minus von einem Viertel innerhalb von zwei Wochen. Zunächst gilt: Der größte Kunde, ASML, (mit einem Umsatzanteil von ca. 20 %) hatte Mitte Oktober enttäuschende Q3-Aufträge mit einem Rückgang von etwa 50 % im Vergleich zum 2. Quartal kommuniziert (wir berichteten). Die Erholung außerhalb von KI-Anwendungen vollzieht sich langsamer als erwartet. Dies führt zu einer vorsichtigeren Haltung der Kunden und Verschiebungen bei den Hochläufen von Logik-Fabriken, was aber nachgeholt wird. Im Speicherbereich konzentrieren sich die Kunden ebenfalls auf KI-Technologien (z. B. HBM) und erhöhen die Wafer-Kapazität nicht. Der halbleiterbezogene Auftragseingang folgt bei JENOPTIK nicht der quartalsweisen Volatilität des ASML-Auftragsmusters, da die Vorlaufzeiten unterschiedlich sind und zwischen den Unternehmen ein Rahmenvertrag besteht. Kurzfristig sind die Auswirkungen überschaubar. Da ASML nächstes Jahr immerhin noch um etwa 15 % wachsen wird, sollte auch JENOPTIK im Bereich der Halbleiteranwendungen zwar nicht mehr zweistellig, aber dennoch hoch einstellig wachsen. Inklusive Gewinnannahmen für 2025 signalisiert das KGV um 11 für ein Unternehmen dieser Qualität eine klare Fehlbewertung, welche sich zum Aufstocken der Position eignet. (VS)

WELTWEIT: UNILEVER, RECKITT BENCKISER

Alle Eurobörsen warten auf das Ergebnis der amerikanischen Wahl.

Keiner wagt einen Vorgriff. Nur einer zeigt einen besonderen Ansatz, der bemerkenswert erscheint, aber in der Deutung schwer nachzu­vollziehen ist:

London steckt  in einer  Stimmungsfalle. Die Wahl der Labour Party gleicht der Situation von 1945, als Labour erstmals nach Churchill mit einer völlig  neuen wirtschaftspolitischen Grundlinie das englische Wirtschaftsmodell  auf den Kopf stellte: Unter Premier Attlee wurden große Teile der öffentlichen Wirtschaft, also Bahn, Verkehr, Versorgung  und Gesundheit, total verstaatlicht. Der Zusammenbruch der englischen Wirtschaft in den Folgejahren war die sichere Konsequenz für rd. 30 Jahre, bis Margaret Thatcher alles wie­der rückgängig machte, aber England faktisch pleite war.

Ob daraus eine positive Börsentendenz entwickelt werden kann, stellen wir infrage.


UNILEVER und RECKITT BENCKISER sind die Ausnahmen.

UNILEVER als zweitgrößter Lebensmittelkonzern in Europa mit rd. 60 Mrd. € Umsatz (umgerechnet) und einem Marktwert von 142 Mrd. €, den wir bereits zum Kauf gestellt hatten (AB 17/24). Die jüngsten Quartalszahlen bestätigen den Weg analog zu dem, was NESTLÉ in der Schweiz vormacht. Wichtigster Aufhänger: Nur 20 % des Umsatzes entfallen auf Großbritannien und sind von der Politik der Labour Party nicht berührt. Das Kursziel für UNILEVER wird voraussichtlich erhöht:

RECKITT BENCKISER

RECKITT BENCKISER meldet den ersten Erfolg im Rechtsstreit um Schadensersatz für angebliche Ge­sundheitsschäden bei Kindern in Nahrungsmittelpro­dukten, wofür der endgültige Beleg nicht vorliegt. Die geschätzte Schadenssumme reduziert sich von 11 auf zunächst 4 Mrd. €. Das ergab einen Kurssprung von knapp 10 % als Entlastung. 40 Mrd. € Marktwert für rd. 17 Mrd. € Umsatz (alles umgerechnet) und eine relativ sichere Gewinntendenz mit 4,10 € Gewinn je Aktie ergeben ein vertretbares KG von nur 14. Damit ist unse­re RECKITT-BENCKISER-Empfehlung ebenfalls bestätigt.

WELTWEIT: GEELY, BYD


Die China-Börsen konsolidieren vorbildlich.

Vorreiter bleibt Hongkong, gefolgt von Shenzhen und Shanghai. Die Überraschung lieferte am Montag GEELY als Nr. 2 im Markt für E-Mobility. TB-Daily ging bereits long und wir ziehen nach. Der Einkaufsmanagerindex ist der aktuelle Beleg (Seite 1). 

GEELY präsentierte die neueste Hybridtechnik unter dem Namen Leishen EM-i mit bahnbrechenden Wer­ten. Kraftstoffverbrauch nur 2,6 l pro 100 km und eine kombinierte Reichweite von 2.390 km bei Nutzung von Benzin und Batterieenergie. Erste Reaktion des Marktes: + 4 %. Zum Vergleich:

BYDs neuestes Plugin-Hybridsystem, das im Mai auf den Markt kam, weist einen Kraftstoffverbrauch von 2,9 l pro 100 km und eine Reichweite von 2.100 km bei vollgeladener Batterie und vollem Tank auf.

Beide stellen damit als neue Herausforderung für die E-Mobil­Technik die deutschen Alternativen vor aktuell kaum lösbare Probleme.

Den Ausbau der Autoinvestments in China-Titel beschränken wir auf 4 bis 5 Titel, um den Trend zu erfassen, der von den großen Namen ausgeht. Kleinere Spezialisten sind zu risikoanfällig.

Die EU-Zollpolitik hat für beide Großen keine ernsthafte Bedeutung, aber beide legen Wert darauf, in den Märkten des Westens präsent zu sein. Das entspricht den chinesischen Vorstellungen von Markt­macht.

WALL STREET:


Die Amerikaner begleiten den neuen Präsidenten mit stabilen Kursen.

Die Performance der Wall Street seit der Finanzkrise ist überzeugend. 

Egal, wer Präsident seit der Finanzkrise war, die amerikanische Politik bestimmte, die Wall Street machte daraus keine neue Sicht, sondern wiederholte die alte Sicht einer Fortsetzung von Forschung, Entwicklung und Welterfolgen. Der S&P 500 steht in den nächsten Jahren vor der gleichen Situation. 

Die amerikanische Weltmarktstellung in der Wirtschaftsleistung hatten wir vor 8 Tagen an dieser Stelle abgebildet. Der Anteil der Amerikaner am weltweiten Bruttoinlandsprodukt ist weiterhin dominierend, auch wenn China zunehmend aufholt. Darüber berichten wir in den nächsten zwei Wochen. Kurzfristige Korrekturen gehören dazu.

Zwei Denkrichtungen dominieren zurzeit die weitere Einschätzung der Trends. Wie weit reicht die Tech-Blase mit den berühmten 7 Giganten und wie stellen sich die großen Investoren darauf ein?

WALL STREET: BERKSHIRE HATHAWAY


BERKSHIRE HATHAWAY (Warren Buffett) reduziert seit Wochen seine Aktienpositionen mit dem Schwergewicht APPLE als größter Anlage im Investmentvermögen und auch als größter APPLE-Aktionär.

Als Zweites wurde die ebenfalls große Position in BANK OF AMERICA reduziert. Folge:

Die Barposition von BERKSHIRE HATHAWAY erhöht sich inzwischen auf über 320 Mrd. $. Auch 370 bis 380 Mrd. $ werden von Analysten erwartet oder geschätzt. Das ergibt einen runden Cash-Bestand von über 50 %. Keiner hat dafür eine Erklärung, es gibt nur Vermutungen und Warren Buffett selbst gibt kein Statement dazu ab. Liegt er damit als Erster und Einziger in dieser Größenordnung richtig oder nicht? Das ist die erste Wette unter dem Meinungsschirm des neuen Präsidenten.

WALL STREET: INTEL


Der einst größte Chip-Konzern der Welt, INTEL, fliegt aus dem Dow und wird massiv abgewertet.

Vom ehemaligen Spitzenkurs um 70 $ ging es in Stufen bis 20 $ und einen Marktwert um rd. 90 Mrd. $ für einen Umsatz um rd. 50 Mrd. $. Das gleicht dem einstigen Niedergang von IBM. Technologisch ist INTEL immer noch eine große Nummer, aber es hat gegen NVIDIA bzw. der Chiparchitektur von ARM einen erheblichen Nachteil. Ist diese Lücke zu schließen?

Unternehmen dieser Art werden in den USA in den Meinungen fallengelassen, aber in den Realitäten baut sich stets das Comeback auf. Mit neuen Köpfen und neuen Ideen und dafür ist IBM ein Vorbild: Nach über 70 % Kursverlust benötigte IBM mehrere Jahre für die Stabilisierung, aber inzwischen mit über 200 % Kursgewinn. Das ist die INTEL-Wette für die kommenden drei Jahre. 

Die Bereinigungen einiger Tech-Titel der zweiten Klasse stehen demnächst noch bevor. Die Herausforderung liegt in KI und den Anwendungen von KI, ohne selbst eine neue KI entwickeln zu können. Der Rahmen dafür ist das Cloud-Business.

WALL STREET: TALEN ENERGY


Stromerzeuger TALEN ENERGY nutzt das fossile Spektrum.

Im Energiemix des vor neun Jahren gebildeten Konzerns hat Atomkraft einen Anteil von 23 % der Kapazitäten (2,5 von ca. 11 Gigawatt). Sie trägt aber üblicherweise mehr als 50 % zu den gelieferten Strommengen bei. Als Betreiber des Susquehanna-Atomkraftwerks kam TALEN ENERGY nun in die Schlagzeilen. Dort soll die Kapazität erweitert werden, um den zusätzlichen Bedarf des Kunden AMAZON bzw. Amazon Web Services zu decken. Dessen Rechenzentren benötigen aufgrund geplanter Erweiterung eine zusätzliche Leistung von 960 Megawatt. Der Antrag auf eine Kapazitätserweiterung in Susquehanna wurde von der Regulierunsgbehörde FERC (Federal Energy Regulatory Commission) zunächst einmal verweigert, was die TALEN-Aktie vorübergehend unter Druck gesetzt hat. Die Position des Regulierers wird vermutlich nicht haltbar sein. Als ein Profiteur des Trump-Wahlsiegs ist TALEN eine Anfangsposition wert. (HG)

WALL STREET: CALAVO GROWERS, MISSION PRODUCE


Gefordert sind „100 % Zoll“ gegen den südlichen Nachbarn.

Claudia Sheinbaum Pardo, Mexikos erstes weibliches Staatsoberhaupt, bekommt es vermutlich mit einem garstigen Donald Trump zu tun. Machen hohe Einfuhrsteuern gegen die Mexikaner Sinn? Nein, denn die eigene US-Industrie lässt gerne jenseits der Grenze fertigen. Ist der Agrarsektor, insbesondere die Modefrucht Avocado, ein mögliches Ersatzobjekt? Auch dies ein Schnitt ins eigene Fleisch: Für die Fruchthändler CALAVO GROWERS und MISSION PRODUCE, beide aus Kalifornien, hat die Avocado zentrale Bedeutung, ein Großteil kommt aus Mexiko. Erst nach Trumps eventueller Versöhnung mit der Nachbarin wird auf CALAVO GROWERS und MISSION PRODUCE gesetzt. (HG)

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DISPOSITIONEN

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Dein Ohr leih jedem, wenigen deine Stimme. 
(William Shakespeare)

 

Herzlichst Ihr


(Hans A. Bernecker)                           


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