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Sie lesen die Ausgabe: Die Actien-Börse vom 01.06.2023

Nr. 22/23 Die Actien-Börse

Bernecker Briefkopf
Actienboerse Briefkopf

Sehr geehrte Damen und Herren,


der erste Teil der US-Finanzkrise ist absolviert.

Der zweite Teil (Bankenkrise) ist noch offen. Den Umfang dieser Risiken zeigt die nebenstehende Grafik. Beide Krisen sind von einer ungewöhnlichen Nervosität begleitet, die vornehmlich über die Medien organisiert läuft. Beide Notenbanken müssen in dieser Situation für größtmögliche Liquidität sorgen, obwohl es den eigentlichen Zielen widerspricht, insbesondere der Inflationsbekämpfung. Aktueller Stand:


Ob technische oder strukturelle Rezession ist kein ernsthaftes Thema mehr.

5 % Wertveränderung des S&P sind materiell so viel wie eine Veränderung des BIP um über 8 %. Von einem seriösen Vergleich der wirklichen Zahlen kann also keine Rede sein. Das Gewicht des amerikanischen Aktienmarktes ist weitaus größer als die Wirtschaftsleistung pro Jahr. Die amerikanischen Privatanleger bringen 40 % mehr Vermögen auf die Waage, als die Wirtschaft pro Jahr hergibt. Die Sicherung der Marktliquidität durch die Fed ist damit das tragende Moment der Tendenz. 

Die verschiedenen Gipfeltermine sind eine politische Unterhaltung. Die Abschlusskommuniqués stehen schon vorher fest und alle Teilnehmer lächeln gemeinsam im Gruppenbild in die Kameras. Der Gesamtaufwand aller Absichten rechtfertigt es nicht, daraus eine nachhaltig neue Politik zu entwickeln. Eine Wirkung auf die Wirtschaft aller betroffenen Länder ist nicht zu spüren, lediglich die Droheffekte zeigen eine bedingte Wirkung. Auf die allseits befürchteten Rezessionen wirkt so gut wie gar nichts davon ein. 

Fast alle Indizes notieren in der Nähe ihrer absoluten Rekorde. Sie stehen damit im Gegensatz zur befürchteten Rezession. Lediglich die Reaktionen auf die Finanzkrisen sind spürbar. Mithin müssten alle Indizes um 15 bis 20 % korrigieren, um der Theorie zu entsprechen, wonach eine Rezession marktwirksam sein sollte. Wenn die Märkte dies jedoch nicht erkennen lassen, ergibt sich ein völlig neues Bild der Einschätzung. Wie weit reicht dies?

Das aktuell größte Risiko liegt laut Umfragen unter den großen Fonds-investoren im Ukrainekonflikt. Das ist neu! Nach inzwischen 18 Monaten Krieg muss also eine Lösung her, egal wie und mit welchen Konsequenzen für alle Parteien. Inzwischen ist die Wirksamkeit der Lieferungen und Finanzhilfen für die Ukraine auch spürbar in den tatsächlichen ökonomischen Zahlen/Perspektiven. Größter Lieferant von Geld und Material ist inzwischen Deutschland nach den USA.

Alle Börsen stehen damit vor einer ungewöhnlichen Herausforderung. Die bisherigen Gewinne seit September letzten Jahres addieren sich auf einen Gesamtgewinn von etwa 30/32 %. Die Gewinne seit Jahresanfang auf etwa 15 bis 20 % mit den größten Gewinnern der amerikanischen Techs bis 30 % und dem größten Gewicht.

Sie lieferten den größten Vermögenszuwachs unter allen Börsen mit einem Gesamtgewicht von etwa 3 Bio. $ seit Jahresanfang. Wie weiter?

LEITLINIE:


Deutschland steckt ebenfalls in einer technischen Rezession, wie die jüngsten Zahlen zeigen.

Faktisch bedeutet dies eine Stagnation auf hohem Niveau und die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale nach den opulenten Tarifabschlüssen, wie vor gut 50 Jahren vorgemacht. Der kritische Punkt ist die deutsche Industrie. 

Ist die Reichweite der Aufträge groß genug, um die Durststrecke einer technischen Rezession zu überwinden? Der Anteil der Industrie liegt bei etwa 23 % des BIP p. a. auf höchstem Niveau gegenüber allen anderen Ländern Europas. Der größere Teil davon entfällt auf den Export. Der deutsche Autobau zeigt, was möglich ist: Die Profitabilität von MERCEDES-BENZ und BMW liegt mit jeweils 14,6 % deutlich über der Parademarke TESLA mit lediglich 11,5 %. Der Bewertungsunterschied der zwei Deutschen zu TESLA lässt sich rechnerisch gar nicht darstellen. Ist dieser Vorsprung haltbar?

Der zweitwichtigste Sektor ist der Immobilienmarkt mit der aktuellen Schwäche nach mehr als 15 Jahren Boom. Dazu gehört eine konstruktive Wirtschaftspolitik mit deutlichen Vorteilen der Privatinvestoren im Wohnungs- und Gewerbebau. Beide Branchen zusammen haben ein Gewicht von rd. 35/40 % der Gesamtwirtschaft. In beiden ist ein Zusammenbruch und eine strukturelle Rezession nicht zu erwarten. Damit haben DAX & Co. die aktuelle Situation bisher richtig eingepreist.


Die vier wichtigsten Indikatoren zeigen identische Ansätze.

Sowohl ifo wie HDE signalisieren eine erkennbare Erholung in angemessener Qualität. Darin stecken die materiellen Größenordnungen, die in die Statistik eingehen. 

Die Verbraucherpreise liefern die Entlastungssignale, aber mit sehr vorsichtigen Schritten und längerer Laufzeit. Die jüngste ZEW-Prognose geht in Richtung 5,6 % in diesem Jahr über 3,5 % bis 2,6 % in zwei Jahren. Mehr ist nicht drin. 

Die Aufträge und Produktion für die Industrie zeigen jedoch bis April eine erkennbare Schwäche. Mithin kommt es auf ein erzielbares Gleichgewicht an. Damit steht die Wirtschaftspolitik der Ampel in einem unmittelbaren Zusammenhang. Die jüngsten Warnungen der Sachverständigen belegen diese kritische Frage in Größenordnungen, die zu Belastungen von Industrie und Verbrauchern führen, die sich zwischen 1,5 bis 2 Bio. € belaufen.

Die deutsche Börse kann von einer Bargeldreserve in Höhe von 1,8 Bio. € und einer Investitionsgröße von 2,8 Bio. € leben. Das Gesamtvermögen aller Deutschen dürfte im Jahresverlauf bei 7,8 Bio. € zu schätzen sein, nachdem die Traumgröße 8 Bio. € zum letzten Jahresende nicht erreicht wurde. Der DAX hat einen Gesamtwert von 1,5 Bio. € und erreicht damit nur etwa 40 % des BIP. 55 % aller DAX-Aktien liegen im Ausland. Größter Aktionär ist BLACKROCK. Geld genug ist also vorhanden, diese Konstellationen nun neu einzupreisen.

Die Markttechnik im DAX: Ihm fehlt knapp über 16.000 das Momentum. Ein Ausbruch über 16.300 wäre ein Kaufsignal für einen weiteren Impuls bis max. 16.800. Fällt er unter 15.600, löst dies im Gegenteil die bekannte Korrektur bis deutlich unter 15.000 bzw. 14.300 aus. In beiden Fällen bestimmen im Moment die Future-Kontrakte und die Position der Shorter die entscheidende Rolle. 

Der stets schwierige Börsenmonat Mai endet damit, wie vorausgesagt, mit einem positiven Ansatz auf der fundamentalen Seite mit den Firmenberichten, aber der Belastung von der monetären Seite, nämlich den Engagements der Profispekulation. 

SCHWERPUNKTE: LUFTHANSA


Die richtige Strategie entscheidet weiterhin über die Investments der großen Adressen.

Die eben genannte BLACKROCK ist übrigens größter Einzelaktionär der DT. BÖRSE. Diese wiederum ist die erfolgreichste Finanzadresse in Frankfurt und der Börsenwert ist so groß wie der von der DT. BANK und der COMMERZBANK zusammen. Lediglich die 2 Versicherer sind jeweils größer. Der nächste Star wird:

Die größte Airline Europas steht. Die LUFTHANSA wird in mehreren Schritten die ehemalige ALITALIA (ITA) erwerben. Gesamtaufwand etwa 800 bis 900 Mio. € am Ende, die in das Unternehmen fließen und die Reorganisation plus Flottenerweiterung finanzieren. Ziel sind 4,1 Mrd. € Umsatz für ITA mit der Erweiterung des Netzes Richtung Süden. Daraus ergibt sich ein konsolidierter LH-Umsatz von geschätzt 40 Mrd. €. Diese dominierende Stellung ist unangreifbar. Rom wird die Drehscheibe dafür. 11 Mrd. € Marktwert für die LUFTHANSA sind dafür ein lächerlicher Wert, auch wenn die Gewinnkontinuität schwierig zu bemessen ist, was für alle Airlines gilt. Der Aufstieg in den DAX ist jedenfalls sicher. Ein KGV um 6 per 2024 sagt dazu alles. Klarer Kauf!

SCHWERPUNKTE: SIEMENS, SIEMENS ENERGY

GOLDMAN SACHS steigt mit uns ins erweiterte SIEMENS-Boot ein.

Der Zielkurs wird mit 245 € angegeben. Gegenüber 157 € ergibt dies ein Potenzial von rd. + 60 %. Damit stünde das KGV irgendwo in der Größenordnung von 17 in ein bis zwei Jahren. Schwerpunkt der Argumente: Die zwei Kerngeschäfte von SIEMENS sind die wichtigsten Wachstumsträger in Weltformat. Wir hatten dies ausführlich beschrieben. 

SIEMENS ENERGY

SIEMENS ENERGY erhält von drei Analystenteams Aufwertungen bis 32/34€ gegen aktuell 24 €. S.E. nannte soeben 102 Mrd. € Auftragsbestand, aber wird inklusive der laufenden Verhandlungen auf eine Zielgröße von 120/125 Mrd. € im kommenden Jahr veranschlagt. Eine Gewinnschätzung gibt es dafür nicht, aber eine kalkulatorische Überschlagsrechnung: Mit den laufenden Sanierungsschritten bei GAMESA lässt sich ein Umsatzziel von 35/37 Mrd. € hochrechnen und ein Gewinn je Aktie von etwa 2,40 bis 3 € je Aktie ergeben. Beides lt. Analystenrechnung. Damit bleibt SIEMENS ENERGY die erfolgreichste DAX-Aktie seit Jahresanfang mit + 38 % und einem Gesamtgewinn von über 138 % im Jahresvergleich. Wir investieren weiter. 

SCHWERPUNKTE: HENKEL


HENKEL wurde ohne neue Perspektiven bis jetzt ein erfolgreiches Investment.

Mit nur 140.000 Stück Tagesumsatz war dies möglich. Wir standen der Aktie permanent skeptisch gegenüber. Wer hat geholfen? 

Die Rechnung wird kompliziert: 31 Mrd. € Marktwert für einen Umsatz von rd. 22 Mrd. € (seit 5 Jahren kaum verändert) und ein KGV von 18 machen HENKEL zur teuersten Chemieaktie im DAX. 

Unsere kritische Einschätzung des CEO und der AR-Spitze nehmen wir zurück. Steckt mehr dahinter? HENKEL ist mit den zwei Geschäftsfeldern Persil und Klebstoff richtig aufgestellt, aber das dritte Bein (Kosmetik) bedarf seit Jahren der Erweiterung über Akquisitionen. Das Traumobjekt dafür war stets Wella. Deren Besitzer (KKR/Familie Reimann) soll angeblich erneut zu einem Verkauf bereit sein. Der Kaufpreis bewegt sich im zweistelligen Milliardenbetrag, je nach Gliederung der Produktfelder von Wella. Gerüchte dieser Art gab es mehrfach. CEO und AR-Vorsitz konnten sich nicht einig werden, ob eine Finanzierung tragbar ist. Großaktionär sind die Mitglieder der Familie Henkel mit unterschiedlichen Ansichten. Käme es zu einem solchen Deal, wäre HENKEL dann mit einem Umsatz um 30 Mrd. € eine neue Topadresse im Sektor Chemie/Spezialitäten. Wir warten auf die Nachricht. 

Im FOKUS: SILTRONIC, WACKER CHEMIE


Siliziumwafer sind die Grundlage der modernen Halbleiterindustrie und die Basis für Chips in allen Anwendungsbereichen der Elektronik.

Der strukturelle Zyklus durch neue KI-Anwendungen ist vorgezeichnet und in Europa gilt einer als besonderes Politikum.

Für SILTRONIC wollte GLOBAL WAFER vor zwei Jahren 4,35 Mrd. € hinblättern. Aktueller Marktwert nur noch 2,45 Mrd. € für einen geschätzten Umsatz um 1,6 Mrd. € bei KGV 11. Der schwache Ausblick auf 2023 durch Bestandskorrekturen auf der Kundenseite ist bekannt, der nächste Zyklus aber gemäß der kommunizierten Investitionspläne der Chip-Industrie ab 2025 vorgezeichnet. Dementsprechend reichen die aktualisierten Gewinnschätzungen des einzigen europäischen Wafer-Produzenten von rd. 7 € je Aktie per 2023 bis 14 € für 2026, wenn das neue Werk in Singapur unter Volllast fährt. Die Analysten sind weitgehend zurückhaltend. Lediglich Jefferies wurde zu Wochenbeginn mit einer Anhebung von 75 auf 95 € mutiger. 

Wir hatten die Diskrepanz der aktuellen Bewertung zum einstigen Bieterpreis bereits in AB 45/22 als 50-%-Chance zu damals 67 € auf den Weg gebracht. Wie immer im Sektor, werden solche Trends sehr früh vorweggenommen. Jetzt gilt: Die strukturelle Beschleunigung durch KI erlaubt, das Ziel Richtung 110 bis 120 € auszuweiten. 


Indirekter Profiteur bleibt die Tochter WACKER CHEMIE mit ihrer 30,8-%-Beteiligung.

Unser formuliertes Ziel um 200 € hat Bestand und basiert auf dem künftigen Anstieg der Nachfrage nach Polysilizium - a) aus der Chip-Industrie und b) aus der Photovoltaik, die erstmals 2023 im Volumen (ca. 380 Mrd. $) die Investitionen in der Ölindustrie übertreffen wird. Der Ausbau des Segments Biosolutions durch die Übernahme des spanischen Auftragshersteller ADL BioPharm zu ca. 150 Mio. € steht im Einklang mit der Strategie, das profitable Biotechnologiegeschäft Richtung 1 Mrd. € Umsatz deutlich auszubauen. KGV 10,5 für das nächste Geschäftsjahr stellt keine besondere Herausforderung an die Bewertung dar. Unter 130 € sammeln wir weiter ein. 

IM FOKUS: JENOPTIK


JENOPTIK agiert auf den Schlüsselmärkten Halbleiterausrüstung und Elektronikindustrie.

Die strategische Neuordnung ist abgeschlossen mit dem Fokus auf die Division Advanced Photonic Solutions. Die Non-Photonic Portfolios stehen zum Verkauf. Als OEM-Lieferant bedient man Ausrüster wie ASML mit optischen Systemen zur Wafer-Positionierung und zur Oberflächen-Güte im Produktionsprozess. Kurzum: JENOPTIK wächst mit der zunehmenden installierten Basis neuer Fabriken zum einen und durch neue Technologien zum anderen. Die Kundschaft ist mit Namen wie ASML, APPLIED MATERIALS, LAM RESEARCH, NIKON oder Zeiss erlesen. Stand aktuell: 

Bis 2025 kalkuliert der CEO mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum um 8 % auf 1,2 Mrd. € und 20 % Kapitalrendite, was prozentual zweistellige Gewinnzuwächse bedeutet. Die Auftragseingänge wachsen rd. 20 % schneller als der Umsatz, was den Ausbau der Produktionskapazitäten erfordert. Im Ergebnis wird somit eine Anhebung der Ziele bis 2025 stehen. Bei KGV 16 für 2024 ist das Ziel somit von 36 auf 40 € zu erhöhen. Wir sind seit AB 27/22 dabei. 

NEBENWERTE: BAYWA


BAYWA bietet die special situation.

Prinzipiell ist BAYWA mit geschätzt 21,2 Mrd. € Umsatz für 2023 kein Nebenwert. Er wurde aber an der Börse so wahrgenommen. Mit der Ausrichtung auf Agrarhandel, Baustoffhandel und erneuerbaren Energien fährt BAYWA seit Jahren einen soliden, unaufgeregten Kurs. Analysten agieren stets zurückhaltend aufgrund abzuziehender Minderheitenanteile im Gewinn je Aktie. Eine Besonderheit hat das Zeug dazu, dies demnächst zu ändern.

Zur Option steht die Abspaltung des Solarhandelgeschäfts. Hintergrund ist ein deutlich gestiegenes Zinsniveau, welches das Zinsergebnis in den nächsten Jahren belasten wird. Im Segment Regenerative Energien avancierte der boomende Solarhandel im ersten Quartal (Module: + 24 %, Wechselrichter: + 80 %) zum Wachstumsmotor. Im Raum steht ein Preis des 10 bis 20-fachen EBITs. Das wären in der Mitte der Spanne 2,25 Mrd. €. Die entsprechenden Mittel sollen für den Abbau der Verschuldung und den Ausbau des IPP-Geschäfts auf ca. 3,0 GW bis 2025 (+ 275 % zum GJ 2022) verwendet werden. Pikant dabei: 

Der potenzielle Verkaufspreis von 2,25 Mrd. € steht gegen einen Börsenwert von 1,45 Mrd. €. Daraus folgt:

Die Korrektur von fast 50 auf 38 € ist zu nutzen. Die DZ BANK formulierte nach den Q1-Zahlen ein Ziel von 50 €. METZLER kommt auf 62 €. Wir spielen mit. 

NEBENWERTE: VOSSLOH


Die Bundesregierung rechnet mit einem Investitionsbedarf der Bahn in Deutschland von 88 Mrd. € bis 2027.

Von 1994 bis heute ist die Verkehrsleistung im Eisenbahnpersonenverkehr um über 50 % gewachsen, die Verkehrsleistung im Eisenbahngüterverkehr sogar um knapp 90 %. Das Schienennetz schrumpfte im gleichen Zeitraum von 44.600 km auf 33.400 km. Deshalb:

VOSSLOH muss sich um seine Auftragslage keine Sorgen machen. Ankeraktionär mit einer knappen Mehrheit ist die Thiele-Stiftung, in der es derzeit drunter und drüber geht. Prognostizierte Umsatzbandbreite für 2023 sind 1,05 bis 1,15 Mrd. € bei einer operativen Ergebnisprognose von 79 bis 88 Mio. €. Unter dem Radar fliegt der Bereich Lifecycle Solutions. Dabei geht es um die Technologie der digitalen Weichenüberwachung mit rd. 13 % Umsatzanteil, aber Wachstumsraten im Europageschäft von rd. 18 bis 19 %. Kombiniert mit den nötigen Investitionen ins Schienennetz steht VOSSLOH damit in den nächsten Jahren vor einem deutlichen Ausbau der Gewinne bis 2026 um rd. zwei Drittel. 680 Mio. € Börsenwert bilden dieses Szenario nicht ausreichend ab. Neue Kaufbasis bei rd. 37 €. Die Ergänzung im Sektor ist klein, aber fein:

NEBENWERTE: IVU TRAFFIC


Die deutsche Nummer zwei in der Telematik nach INIT ist IVU TRAFFIC mit rd. 300 Mio. € Börsenwert.

Mit dem Ausbau des ÖPNV steigen auch die Anforderungen an die Ablaufprozesse von Bus- und Bahnunternehmen, von der Planung und Disposition über die Betriebssteuerung, das Ticketing und die Fahrgastinformation bis hin zur Abrechnung von Verkehrsverträgen. Der frische Großauftrag der schweizerischen Bundesbahn für IVU ist der Beleg für die internationale Breite dieses Trends, der zunehmend aus der Cloud heraus gesteuert wird. 

Nach 0,57 € Gewinn je Aktie 2022 werden für 2023 0,67 bis 0,68 € angepeilt und für 2025 reichen die Taxen schon bis über 1 €. Um 15,50 € wird es interessant. 

EUROPA: ROHSTOFFE, RIO TINTO


Die Rohstoffe suchen einen Preisboden.

Alle fünf bekannten Rohstoffkonzerne absolvierten bis jetzt (Jahresvergleich) Korrekturen zwischen - 10 und - 23 %, im Schnitt rd. - 15 %. Darin drückt sich die Konjunkturskepsis aus oder die erwartete Rezession. Der CRB-Index liefert das Gesamtbild. 

RIO TINTO als größter Rohstoffkonzern (ohne Handel) bildet diese Marktszene am besten ab. Mit rd. 97 Mrd. € Marktwert wird ein Umsatz von etwa 47 Mrd. € bewertet. In den vergangenen fünf Jahren schwankte der Umsatz zwischen 42 und 52 Mrd. €, bedingt durch die Preise und unterschiedliche Mengen. Die Stagnation im Zuge der Pandemie war unverkennbar. Das Gewinnniveau fing sich auf der Ebene 6,50 bis 10 € je Aktie und das aktuelle KGV liegt um 9. 

Wer gibt das nachhaltigste Signal für diese Stabilisierung mit neuen Perspektiven? Im Rohstoffmarkt ganz besonders dadurch, dass die Metallpreise die Preistendenz vorgeben und die Mengennachfrage die jeweiligen Preise nachhaltig stützt. Darin steckt die Einschätzung jeder Rezession oder deren Gegenteil. Wir taxieren die Bodenkurse für RIO TINTO rd. 10 bis 15 % niedriger. 

EUROPA: SOFTBANK


Der größte Deal im weltweiten Halbleitergeschäft soll noch im Sommer über die Bühne gehen.

ARM gilt als wichtigste Technikadresse für die neue und moderne Chip-Architektur und wurde von einigen Jahren von SOFTBANK komplett erworben. Der Verkauf scheiterte an mehreren Regierungsregelungen verschiedener Länder, insbesondere von England, dem Stammsitz von ARM.

Der Großaktionär SOFTBANK plant den Börsengang, wofür die Quoten noch offen sind, wahrscheinlich nur 49 % der Aktien oder auch 75 %. Das hängt von den möglichen Preisen ab, wie sie erreichbar scheinen. SOFTBANK lag in einigen Sektoren mit Investitionen in China daneben und baut seine Konstruktion um. Der erzielbare Kaufpreis bestimmt mithin den Gesamtwert von SOFTBANK von aktuell 7,62 Bio. Yen. Eine Umsatzgröße gibt es nicht, weil SOFTBANK ein Investmentkonglomerat darstellt ohne konsolidierten Umsatz. 

SOFTBANK ist damit eine Spekulation auf den erzielbaren Preis und der Bewertung von SOFTBANK im Zuge der Entschuldung und dem Restwert der ARM-Anteile, die bei SOFTBANK verbleiben. Ein sicherer Gewinn je Aktie gilt als ausgemacht. Ein spekulativer Kauf. 

EUROPA: ACS


In Spanien entstand der größte Baukonzern Europas und kein Nichtspanier schaut hin.

ACS erreicht mit seiner qualifizierten Mehrheit an HOCHTIEF inzwischen einen Umsatz von 50/55 Mrd. € (ohne Konsolidierung), aber erreicht nur eine Marktkapitalisierung von 8 Mrd. €. Inklusive HOCHTIEF und seiner Töchter (USA und auch Australien) ist die Bauleistung der Gruppe mit annähernd 60 Mrd. € einzuordnen. ACS ist nicht nur Baukonzern, sondern besitzt wesentliche Anteile an den spanisch-italienischen Autobahnnetzen. Das etwas theoretische KGV liegt bei 11,7. ACS ist damit ein Trendinvestment und wird übrigens von einem Mann geführt, der dies auch im Fußball erfolgreich praktiziert, nämlich als Präsident von Real Madrid. Wir fahren mit. 

WALL STREET:


An der Wall Street regieren weiterhin zwei Meinungsparteien.

Die einen setzen unverändert auf eine markante technische Korrektur um die bekannten 20 %, wie berichtet. Ihre Argumentation beruht allein auf der Frage der Bewertung des größten Index, dem S&P 500. Staatsfinanzen und Bankenkrise spielen nur eine indirekte Rolle aus technischer Sicht.

Der S&P 500 steht hart an der Kante seiner bekannten Hürden um rd. 4.200. Die technischen Indikatoren zeigen seit März eine Seitwärtsbewegung ohne Dynamik, aber mit zweiseitigen Signalansätzen: Gelingt ein Sprung über rd. 4.200, entsteht ein Momentum, das bis 4.800 reicht. Das wären von jetzt noch 600 Punkte oder knapp 15 %. Gelingt dieser Hürdensprung nicht, dürften die Momentumtrader mit ihren Short-Positionen auf den besagten Absturz zielen. Diese Wette steht unter dem Vorbehalt, dass bis zum Halbjahresbilanztermin der amerikanischen Banken keine neue Schreckensnachricht den Markt erschüttert. Unterstützung erhält der Index durch die starke Performance der Tech-Giganten, die allesamt den S&P tragen.

Die Gegenseite wird von Cathie Wood repräsentiert. Die berühmte Investorin in Techs legt eine spektakuläre Perspektive für TESLA vor. Bis 2027 soll der Wert von TESLA nach ihrer Meinung 2.000 $ erreichen oder eine Spanne von 4,4 bis 7,9 Bio. $. Mehr Spekulation gibt es nicht. TESLA würde dann Größenordnungen erreichen, die es noch nie in der Geschichte gab. Wir spielen nicht mit. 

WALL STREET: DELL, HP


Die zurzeit weitsichtigsten Investments bieten sich im PC-Markt an.

Der Ausverkauf der PC-Märkte in verschiedenen Ländern nach dem Boom in der Pandemie führte zu umfangreichen Lagerbeständen der Hersteller, die nach neuesten Meldungen schrittweise abgebaut werden. Darin liegt der Ansatz für einen neuen PC-Zyklus. 

Warren Buffett kam bei HP vor ca. einem Jahr zu früh. Aus seinem Investment von 4,2 Mrd. $ wurden bis heute 3,6 Mrd. $. Der PC-Boom in der Pandemie sorgte bei HP für neue Rekorde, aber im Anschluss auch für prall gefüllte Lagerbestände bei den Kunden. Folge: Aus 63 Mrd. $ Umsatz 2021/22 werden 22/23 rd. 54,6 Mrd. $ und aus einem Gewinn je Aktie von 4,08 $ werden ca. 3,4 $. Aktueller Börsenwert 30 Mrd. $ bei KGV 9 und die entscheidende Frage lautet:

Was ist HP imstande zu leisten, wenn sich die Lagerbestände ab dem zweiten Halbjahr zu normalisieren beginnen? HP hat in den letzten Quartalen seine Kostenstruktur weiter optimiert. Springt die Nachfrage an, steigt die Marge. Dazu kommt: Neue Technologien im Bereich der generativen KI führen zu neuen Produktinnovationen. Der Fortschritt in diesen Wachstumsbereichen wurde bei der Amplify Partner Conference deutlich, wo mehr als 50 neue Produkte und Lösungen vorgestellt wurden. Kurzum:

Das zyklische Tief bei HP wird diesen Sommer durchschritten. Die Ausführungen des CEO zu den Q2-Zahlen sind der Beleg. Das bedeutet ab dem nächsten Geschäftsjahr steigende Gewinne je Aktie Richtung 3,70 $ zum einen und steigende freie Cashflows zum anderen Richtung 3,8 Mrd. $ - also zweistellige freie Cashflow-Renditen. Damit wird HP INC. zu einem klaren Investment mit Zielwerten um 42 $. 

Die zweite Alternative bietet DELL TECHNOLOGIES.

DELL wurde 2013 weitgehend von der Börse genommen, saniert mit EMC samt der Softwarefirma VMWARE verschmolzen und Ende 2021 wieder entflechtet. 35 Mrd. $ Börsenwert stehen gegen ca. 86 Mrd. $ Umsatz im laufenden Geschäftsjahr bei KGV 9. Die Zahlen zum ersten Quartal 23/24 folgen nach Redaktionsschluss. Anzunehmen ist:

Die Ausgangslage ist ähnlich der von HP, jedoch mit der etwas breiteren Aufstellung. DELL kann in zwei verschiedene Bereiche unterteilt werden: Die Client Solutions Group, welche die wichtigsten Consumer-Produkte wie Dell-Computer und Peripheriegeräte umfasst, und die Infrastructure Solutions Group, die Server-Hardware-Lösungen, Computer- und Netzwerkprodukte, Speicher und die Dell APEX-Plattform ausmacht - also eine cloudbasierte Lösung, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre IT-Infrastruktur zu modernisieren. Diese Sparte steht für rd. ein Drittel des Umsatzes, aber für mehr als die Hälfte des Gewinns. Ein Bewertungsansatz mit einstelligem KGV ist für diese Expertise zu wenig. Somit ist auch DELL ein Kauf mit Zielrichtung 62 $. 

WALL STREET: NVIDIA

NVIDIA sorgte für den Knalleffekt der letzten Woche.

Das Zahlenwerk lag derart weit über den Erwartungen, dass selbst ein Kurssprung von über einem Viertel oder 200 Mrd. $ die Bewertung nicht wesentlich teurer werden ließ. Die Nachfrage der Datacenter nach GPU-Produkten, befeuert durch KI-Anwendungen, geht förmlich durch die Decke und erreicht bei NVIDIA knapp 60 % Umsatzanteil. Wir sind dabei und liegen rd. 150 % vorne. Aber:

Wenn alle feiern, resultiert daraus eine technisch überkaufte Marktlage. Die Konsequenz daraus: Wir halbieren die Position! Ergänzend dazu:

WALL STREET: ARISTA NETWORKS


ARISTA NETWORKS ist auf Netzwerklösungen spezialisiert.

Diese wurden speziell für die Anforderungen von Rechenzentren entwickelt. Dabei geht es um integrierte, cloudbasierte Hochgeschwindigkeitsnetzwerklösungen, die sowohl Hardware als auch Software umfassen. Der Einsatz von Software zur Überwachung von Servernetzwerken anstelle von technischem Personal führt zu 10- bis 40-fachen Einsparungen. Dementsprechend hoch ist die operative Dynamik mit anzunehmender Gewinnverdoppelung bis 2027. KGV 29 ist grenzwertig, aber die Story passt. Eile haben wir nicht. Kaufbasis 150 $.

DISPOSITIONEN

DISPOSITIONEN

Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit; dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft.
Jean-Jacques Rousseau


IMPRESSUM

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Verlag: Hans A. Bernecker Börsenbriefe GmbH, Schiessstr. 55, 40549 Düsseldorf; GF: Michael Hüsgen, AG Düsseldorf HRB 88070
Abo-/Leser-Service: Bernecker Börsenbriefe, Westerfeldstr. 19, 32758 Detmold, Tel.: 0211.86417-40, Fax: -46, Mail: abo@bernecker.info

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